Schweden
Wie die Großen
„Es ist egal, was du wählst, solange du wählst.“ Mit diesem Slogan hält es auch Astrid Vikström. Bevor sie in Bath Politik und Wirtschaft studiert, nimmt sie sich ein Jahr Zeit, um ein Event mit zu organisieren. Das European Youth Parliament in Umeå ist das erste dieser Größe in Schweden.
Junge Menschen aus 29 unterschiedlichen Ländern treffen sich hier an einem Frühsommerwochenende, ein Monat nach der EU-Wahl. Wie die Großen sind sie in Abgeordnete, Organisatoren, Presse, Freiwillige und so weiter eingeteilt. Eine gewisse Hierarchie ist erkennbar. Eine elitäre Gruppe würde das nicht ergeben, da das Projekt auch Reisekosten übernehme, meint zumindest die Hauptorganisatorin. Um dabei sein zu können, musste man sich bewerben.
„Wir sind nicht so eine Lobbygruppe für die EU, aber wir wollen die Leute zu einem demokratischen Bewusstsein bringen und für alle Parteien eine Plattform bieten. Deswegen haben wir auch das Projekt „Skolval“ unterstützt, wo Schüler Probewählen können. So richtig mit Wahlkabine und Wahlurne.“
Auch die Veranstaltung findet in einem Gymnasium statt. Die Dragonskolan ist die größte Schule der Stadt. Das Sonnenlicht durchflutet die leeren Gänge, es ist der erste Ferientag. Durch die Glasscheiben der Klassen sieht man vom Gang aus vereinzelt kleine Gruppen über Tische gebeugt. Die in diesen Ausschüssen diskutierten Themen reichen von Frauenrechten bis hin zur Jugendarbeitslosigkeit und regionaler Entwicklung.
Eine Handvoll Leute diskutiert Probleme betreffend „Employment and Social Affairs“. Doch man kommt nicht wirklich auf einen grünen Zweig. Die Schwedin pocht auf die Arbeitsrechte und fordert Fairness gegenüber fremden Nationalitäten am Arbeitsmarkt. Sie will über Arbeitnehmerrechte diskutieren. Ihr Gegenspieler kontert ständig mit Stichwörtern wie „freier Markt“, „Angebot“ und „Nachfrage“, scheint aber gar nicht so recht zu wissen, was das eigentlich ist. „Es sind Menschen, keine Waren!“, wirft man ihm trotzig entgegen. Man kommt nicht vom Fleck.
Dass man aus unterschiedlichen politischen Ecken zusammenkommt, wie es Astrid Vikström beschrieb, befruchtet zwar die Diskussionsrunden, zeigt aber auch: Resultate, Ideen und Thesen kommen hier nicht ideal zustande. Gesprächsrunden bleiben unter Jugendlichen oberflächlich und abstrakt. „Wichtig ist, dass man sich persönlich weiterentwickelt und andere Meinungen kennenlernt“, meint Vikström. Das mildert die Erwartungen und lässt einen denken: Gut, dass es zumindest die Bereitschaft gibt, sich mit europäischen Themen zu beschäftigen und unter anderen Jugendlichen zu reflektieren.
Stimmen
Astrid Vikström: „Wenn ich nicht wähle, nutzen andere Leute meine Stille und meine Stimme. Ich möchte am allerwenigsten, dass rechtsextreme Parteien davon profitieren.“
Hugo Dürr: „Die einzige Möglichkeit etwas zu verbessern ist durch Aktion und Engagement. Wir haben eine Verpflichtung gegenüber dem Europa, in dem wir leben. Ich bin selbst verantwortlich für meine Zukunft. Es ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht zu wählen, zu hören, zu lernen, sich zu bilden. Durch die Stimmabgabe etwas beizutragen, ist keine schwierige Aufgabe, aber eine notwendige.“