Interview
Die heiligen Snus und das Antibiotika-Schweinefleisch
Erstwähler zum Wählen zu bringen ist Eric Luths Vollzeitbeschäftigung. Für die Europawahl 2014 mobilisierte er in rund 20 Gymnasien in 13 schwedischen Städten. Er selbst hat Fredrick Federley aus der Swedish Center Party gewählt.
Wie sind deine Erfahrungen bei dieser Arbeit?
Was besonders auffällt ist, dass die schwedische Bevölkerung vor allem im Vergleich zu den vergangenen Wahlen viel mehr Interesse und Wissen mitbringt. Die meisten Schüler zeigen Interesse an der EU(-Wahl). Viele in der ländlichen Gegend sind gut informiert, weil die EU-Gesetzgebung die Agrarwirtschaft wesentlich beeinflusst.
Woran könnte das liegen?
Vielleicht hat es mit der kommenden Reichstagswahl im Herbst zu tun. Sowohl die Medien als auch die Politiker sind schon stark am mobilisieren. Die europaweit wachsende EU-Skepsis könnte ein Mitgrund sein. Seit der letzten EU-Wahl 2009 hat sich jede Menge getan, was die Schweden aufmerksamer und kritischer gemacht hat. Alltägliche, greifbare Problematiken wie das “Snus”-Thema oder Tierschutz lassen Menschen aufmerksam werden. Sie bemerken nun Effekte, die die EU in ihrem Leben setzt. Gleichzeitig haben viele aber das Gefühl, dass es im Gegenzug schwer ist sich selbst einzubringen. Sie fühlen ihre Stimme nicht gehört.
Welche Themen bestimmen die Gespräche in den Schulen?
Tierschutz, Umwelt und Migration werden als starke EU-Themen gesehen. In anderen Bereichen wünscht man sich, dass die EU weniger mitbestimmt. Da es oft auf eine Diskussion über den Verantwortungsbereich der Europäischen Union hinausläuft, ist es so wichtig, dass die Wähler ansatzweise wissen, wie die EU funktioniert.
Das macht bestimmt einen Großteil deines Jobs aus?
Ja, ich verbringe viel Zeit in Schulen damit, das Konstrukt EU zu erklären. Wissenslücken diesbezüglich gibt es aber auch unter Politikern und den Medien. Vieles liegt im Unklaren. Mein Weg ist sicherzustellen, dass zumindest einige Schüler besser informiert sind als vor meinem Besuch in der Klasse.
Das klingt als wärst du sehr zufrieden in dieser Rolle!?
Ich liebe fast alles an meinem Job! Es ist wundervoll, all diese Leute kennenzulernen. Besonders die Diskussionen gegen fremdenfeindliche Parteien sind ein wertvoller Teil meiner Arbeit. Es ist wichtig zu wählen, weil die EU die nationale Gesetzgebung so stark beeinflusst. 60 % der lokalen Entscheidungen sind von der Europäischen Union ausgegangen. Besonders als Zeichen gegen die zunehmende Fremdenfeindlichkeit in der EU war diese Wahl wichtig. Das mag einer der Gründe sein, warum die Wahlbeteiligung höher war als bei der letzten Wahl.
Welche Fragen brennen den Jugendlichen unter den Nägeln?
"Warum kommen so viele Roma als Bettler nach Schweden?", "Wie kann man verhindern, dass mit Antibiotika gefütterte Schweine importiert werden?" – Das waren häufige Fragen der Schüler. Die Fragestellungen waren auch stark auf aktuelle weltweite Entwicklungen fokussiert. Als ich Anfang Mai begonnen habe die Schulen zu besuchen, verschärfte sich die Situation in der Ukraine. Wir sprachen über ein gemeinsames europäisches Heer und ob Schweden der NATO beitreten solle.