Paroli

Der Österreichische Cartellverband: Wenn Long John und Big Sexi auf Batman treffen

Während unsere sechsteilige Serie über den österreichischen Cartellverband gerade auf derstandard.at erstpubliziert wird, liefern wir das Bonusmaterial.


Wer ein wahrer Österreicher ist, trägt den Namen Radetzky wohl mit Stolz. Mehr noch, wenn man ihn nicht nur geerbt, sondern verliehen bekommen hat. Sechs CVern zumindest wurde die patriotische Ehre zuteil nach dem greisen und chronisch unterfinanzierten Feldherrn der Habsburgermonarchie benannt worden zu sein. In einer wohl bierseligen Stunde erhielten sie den Namen als Vulgo und haben es – im Vergleich zu anderen – damit noch gut erwischt. Freilich, beim CV mag es wenig problematisch sein, „Schuschnigg“ genannt zu werden, auch wenn man Jahrgang 1982 ist, und auch Bundesbruder „Dollfuß“, geboren 1973, darf sich im Grunde genommen nicht beschweren. Die drei Herren, die den Biernamen „Lenin“ tragen, dürften es gemeinsam mit Vulgo „Kreisky“ in ihrer Gesellschaft da wesentlich schwerer haben. Immerhin hat man 13 Personen, der Jüngste davon Jahrgang 1973, lieber den Beinamen „Bimbo“ verpasst, als sie nach einem Linkspolitiker zu benennen. Aber zumindest „Neger“ dürfte als Vulgo auch bei den meisten im CV ein ungutes Bauchgefühl auslösen, selbst wenn der einzige Träger bereits über 70 ist.

Zipfel, Spitz und Porno

Auch etliche andere in Jugendjahren erworbene CV-Spitznamen dürften für die Beteiligten im späteren Leben eher peinlich geworden sein. Eine gewisse Erleichterung, dass nicht jeder auf die Datenbank des Cartellverbandes Zugriff hat, könnten zumindest Menschen wie Rechtsanwalt „Schläger“ und Gynäkologe „Moralelastix“ verspüren. Auch der Andrang auf Chirurgen wie Oberarzt Dr. „Styx“ und Dr. „Chaos“ dürfte sich ebenso in engen Grenzen halten wie der Wille Autopsien beim Pathologen Dr. „Judas“ vornehmen zu lassen. Wenn man wiederum Beamter einer oberösterreichischen Bezirkshauptmannschaft ist, möchte man nicht unbedingt „Popelchen“ genannt werden. Selbst sexuelle Anspielungen mag der geneigte Betrachter im CV-Mitgliederverzeichnis finden: Natürlich können die vier „Zipfel“ genauso gut an einem Tischtuch hängen wie die acht Herren die „Spitz“ heißen oder sind, möglicherweise nur einen solchen gehabt haben. „Long John“ ist dann sicher auch nur ein Verweis auf das Buch „Die Schatzinsel“ und Chefarzt Dr. „Porno“ ist vermutlich nach dem bekannten Ort in Nigeria benannt. Aber Gott sei Dank kann man auch mit eher peinlichen Vulgos Karriere machen: „Big Sexi“ ist Montanist in Leoben und der „Bierbaron“ forscht mittlerweile für das Land Niederösterreich.

Optimus Prime und Batman

Interessant sind auch die kulturellen Unterschiede in den Namenswahlen: Vorarlberger werden besonders häufig mit Pseudonymen wie „Gsi“ oder „Spätzle“ abgekanzelt, zwei Steirer heißen „Kernöl“, drei CVer tragen den wenig schmeichelhaften Beinamen „Piefke“. Überaus beliebt sind außerdem Reminiszenzen auf die Werke von Groscinny und Uderzo: Jeweils 22-mal finden sich die Vulgos „Asterix“ und „Miraculix“ in der Datenbank, aber auch 19 „Obelix“ gibt es. Passend dazu, wenn auch nicht kanonisch, tragen drei den Biernamen „Alkoholix“. Hochgeistige Anspielungen finden sich auch in Vulgos wie „Dröhnung“ und „Doppler“. Immerhin 13 Personen nennt man in CV-Kreisen „Schwips“. Weniger ruhmreich wirkt im Vergleich dazu der Name „Clausthaler“. Auch sonst geht es im Verband mitunter lustig zu: Zehn „Gandalfs“ sind ebenso vertreten wie „Optimus Prime“ und „Batman“. Der Biername „Picard“ passt zu jemandem mit dem Vornamen Jean Luc mindestens so gut wie „James“ zu einem Ministerialbeamten mit dem Nachnamen Bont.

Manche Vulgos werfen aber mehr Fragen auf, als sie beantworten: Warum heißt ein Gymnasialprofessor „Kreisverkehr“ und ein Montanist „Sperrbezirk“? Wieso wird jemand nach dem Schönbrunner Pandabären „Fu Long“ benannt? Hatte Ex-EU-Kommissar Franz Fischler einen „Zapfen“, als er diesen Biernamen erhielt? Und was hat ein Universitätsassistent mit einer deutschen Z-Prominenten gemeinsam, dass er es verdient „Katzenberger“ genannt zu werden? Kuriositäten hin oder her, in der Masse der Vulgos siegen letztendlich die alkoholischen Anspielungen und eher simple Biernamen wie „Schlucki“, „Durst“ oder „G'spritzter“ sind immerhin selbsterklärend.

Der aktuelle Teil der großen ÖCV-Geschichte jetzt auf derStandard.at.


  • © Lukas David Wagner