Analyse

Wer ist schuld an der prekären Situation?

Robert Prazak über stagnierende Auflagen, Prioritäten im Journalismus und warum für die Jungen nur Peanuts übrig bleiben.


Community. Controlling. Consulting. Corporate Branding. Content Building. Consumer Awareness. Sie verstehen kein Wort? Sollten Sie aber, denn das sind die Begriffe, hinter denen Österreichs Medien-Manager ihre wachsende Ratlosigkeit verstecken: Die Auflagenzahlen vieler Printmedien stagnieren oder sinken, die Umsätze aus dem Werbegeschäft ebenso, die Einnahmen mit Online-Plattformen sind in den meisten Fällen niedlich bis peinlich, die Presseförderung wird sinken, die Anzahl der Regierungsinserate wohl auch, das kreative Interpretieren von Auflage und Verkauf wird zunehmend schwieriger. Von unten, quasi aus den U-Bahn-Schächten, drohen zudem die Gratiszeitungen das Lese- und Kaufverhalten der Österreicher zu verschlechtern; aus dem Internet wuchern zahllose Gratis-Angebote und verstopfen das Interesse der Klientel noch weiter.

Worthülsen und vage Zukunftspläne

Und die Reaktion der Medienmacher? Kreative Ideen, wie man die Leser – vor allem die jüngeren – neu begeistern könnte? Qualitätsjournalismus mit qualifizierten Journalisten? Neue Formate, innovative Verbindung von Print und Online? Die Begeisterung der Jungen für Social Media nutzen? Fehlanzeige! Stattdessen verstecken sich die meisten Macher hinter Worthülsen, hinter vagen Zukunftsplänen zwischen Paywalls und Content Engines, hinter irrwitzigen Budgetprognosen. Qualitätsjournalismus ist da nicht einmal mehr Mittel zum Zweck, sondern nur eine lästige Kostenstelle in den Verlagen – Ausnahmen gibt es, aber sie sind an einer Hand aufzuzählen. Wer sich die Mühe macht, auf den Internet-Selbstdarstellungs-Seiten der großen und kleinen österreichischen Verlage zu recherchieren, gerät ins Staunen: Redaktionelle Inhalte sind da kein (Verkaufs)Argument, es geht um ein glattes, herzeigbares Portfolio, um Produktion zu Marktpreisen, um Rabatte. Zuerst kommt das Marketing, dann kommt lange nichts und dann kommt der Journalismus. 

Dabei ist es ein Teufelskreis: Weniger Einnahmen, heißt Personalkosten senken, heißt weniger Qualität (und Quantität), heißt weniger Leser, heißt weniger Einnahmen und so weiter. Nur leider erkennen das die Verleger und ihre Zahlenakrobaten (auch die in den Redaktionen) nicht, weil sie zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind und vom Produkt selbst wenig Ahnung haben. 

Für die Jungen bleiben die Peanuts

Und wir Journalisten? Wir spielen mit. Wir können gar nicht anders: Von den Jungen gibt es zu viele, das drückt die Preise. Von den Alten gibt es zwar weniger, aber sie verdienen zuviel, das gibt den Verlegern ein gutes Argument in die Hand, weshalb es für die Jungen nur Peanuts gibt. Und alle gemeinsam machen wir uns zu den Affen eines ahnungslosen Medienmanagements, das echten journalistischen Inhalt für den Wurmfortsatz seiner Verkaufs- und Vertriebskanäle hält. Wer braucht sich da noch zu wundern, was am Ende rauskommt?

05.03.2012




Robert Prazak, 42, ist seit 20 Jahren Journalist und war 16 Jahre beim WirtschaftsBlatt (bis Februar 2012). Zuletzt Ressortleiter Beilagen, IT, Karriere, Immobilien. Prazak betreibt nun ein Redaktionsbüro in Mödling und schreibt unter anderem  zu den Themen Wirtschaft, Technologie, Reise und Gesellschaft.