Kommentar

Räumt Burgkino!

Der Kommentar von paroli-Redakteur Werner Reisinger über den Wut-/Mutbürger Stammtisch stößt auf Kritik: Anneliese Rohrer verteidigt sich in einem Gegenkommentar.


Voll Zuversicht sehe ich nach dem Start der weiteren Entwicklung von „paroli“ entgegen. Voll Zuversicht glaube ich auch, dass sich in diesem neuen, sehr guten und ambitionierten Produkt einige einfache journalistische Grundregeln  durchsetzen werden. Dazu gehören unter anderen: Auch in einem Kommentar sollten Bilder halbwegs stimmig und Fakten ganzwegs korrekt sein; auch in einem Kommentar sollte Meinung streng von Behauptung getrennt werden. Und schließlich erwarte ich voll Zuversicht, dass man nicht in die „Na, geh“-Falle österreichischer Ausformung tappen wird, so nach dem Motto: Na, geh, wer wird es schon so genau nehmen.

Also das Bild: Occupy Burgkino ist irreführend, weil dann das Burgkino von den Mutbürgern „besetzt“ hätte werden müssen. Das Gegenteil ist der Fall. Der Besitzer, Herr Schramek, hat es den Mutbürgern angeboten und zur Verfügung gestellt – und macht das immer wieder. Die Occupy-Bewegung steht für etwas ganz anderes an.  Logischerweise müsste man auch schreiben: Räumt Burgkino! Na geh, wer wird das schon so eng sehen?

Dass die Mehrheit der Anwesenden einen bildungsbürgerlichen Hintergrund hatten, hätte man mit ein paar Befragungen beweisen können und sich nicht auf das unbestätigte  „augenscheinliche“ verlassen müssen, was dem Urteil „eher“ mehr Gewicht verliehen hätte. Na geh, wer wird sich schon die Mühe machen?

Wer wird schon so kleinlich sein?

Also die Fakten: Der Vorstandvorsitzende der „EU-Austrittspartei“ bekam seine zwei Minuten nicht mit dem Hinweis auf des Ende um sechs Uhr. Es war bereits 18.50 Uhr und das Ende mit 19 Uhr nah. Na geh, wer wird schon so kleinlich sein?

Also die Behauptungen:  Bei der Beschreibung meiner Einstellung zur jungen Generation und der „Uni brennt“-Bewegung stimmt so gut wie gar nichts. Die meinungsmässig geäußerte Kritik ist voll in Ordnung. Allein, die herangezogenen Tatsachen sind unrichtig. Ich lasse mich nicht widerwillig herab, „Uni brennt“ zu erwähnen. Das Gegenteil ist der Fall. Ich führe die Bewegung 2009/10 immer als Beispiel fehlender Nachhaltigkeit an. Ununterbrochen. Und bin da in Gesellschaft jener Studenten, die wegen der Konsequenzlosigkeit der Aktion eine solche für sinnlos halten. Leider! Na geh, wer wird sich schon darum kümmern.


Als Mitglied der Sesselkleber-Generation habe ich noch nie den Weltverbesserungsdrang der Jungen kritisiert. Und die „Uni brennt“ – Bewegung noch nie als fehlgeleitet bezeichnet. Vielmehr habe ich es immer bedauert, dass aus den sehr guten, und von allen Medien unterstützen, Kampf um bessere Studienbedingungen im Laufe der Aktion Verwirrung um die Ziele entstanden ist. Auch von einer „Uni brennt“-Bewegung unter Elternbeteiligung war nie die Rede, sondern davon, dass eigentlich auch die Eltern und Großeltern mit den Jungen im Audimax gegen die unhaltbaren Studienbedingungen protestieren und so die Jungen unterstützen hätten sollen, um deren Zukunft es bei der Qualität der Studien ja eigentlich gehen hätte sollen. Na geh, wer will den Unterschied schon wissen!

Weder werfe ich der jungen Generation etwas vor, noch lasse ich an ihr kein gutes Haar. Im Gegenteil: Als Wanderpredigerin habe ich bei mehreren Mutbürger-Versammlungen und allen Vorträgen immer wieder die „verdammte Pflicht und Schuldigkeit“ der älteren, also meiner, Generation betont, ein System zu ändern, das wir zugelassen und von dem wir profitiert haben. Auch deshalb, weil es die Jungen heute um so viel schwerer haben, Kraft, Zeit und Energie für den Berufseinstieg etc. brauchen. In dem Schlusskapitel des „Ende des Gehorsams“, das eine Umfrage unter Jungen zusammenfasst, jedenfalls findet sich nichts, dass die oben beschriebene Meinung untermauern könnte. Na geh, wer wird das schon so genau auseinander halten wollen!

„Zu viel Recherche haut jede G’schicht z’amm“

Ein Satz im Bezug auf die älteren Mutbürger stimmt ganz sicher: Sie haben „selbst jahrelang gut angepasst in und mit den bestehenden Verhältnissen gelebt“. Eben! Und eben deshalb jetzt! Ist das so schwer zu verstehen? 

Offensichtlich schon, denn zum Mutbürger-Treffen im September 2011 waren Vertreter der „Uni brennt“-Bewegung eingeladen. Die Alten wollten ihnen zuhören. Fünf waren angesagt. Ein älterer Herr war dort. 

Voll Zuversicht glaube ich dennoch, dass „paroli“ sich einer alten zynischen Journalisten-Regel – „Zu viel Recherche haut jede G’schicht z’amm“ – verweigern wird. 

07.03.2012




  • ©Anneliese Rohrer