Interview
„Vorwärts zu den Wurzeln“
Nik Bärtsch's Ronin sprach mit Fabian Dörler über Einflüsse, musikalisches Können, musikalische Komplexität, das Streben „vorwärts zu den Wurzeln“ und die Zusammenarbeit mit Manfred Eicher.
Es ist mir eine große Ehre, euch zu interviewen!
Bärtsch
Wir freuen uns auch, dass du hier bist.
Ich wollte eingangs eigentlich ein Zitat von Keith Jarrett anbringen, hab dieses aber nicht mehr gefunden. Inhaltlich geht es darum, dass Jarrett angeblich alle möglichen Inspirationen in seine Musik einfließen lässt – alles außer Musik. Wie sieht das bei euch aus: Welche Einflüsse sind für euch am wichtigsten?
Sha:
Na ja, ich finde, wenn Keith Jarrett das sagt, dann ist das okay, wenn er – nachdem er sich wohl schon vierzig Jahre nur mit Musik beschäftigt hat – sagt: Jetzt interessiert mich Musik nicht mehr, ich gehe ein bisschen Rosen pflanzen und das bringt mir dann mehr für meine Musik. Ich selber finde es aber unglaublich wichtig, Musik auch zu hören. Du musst Musik kennen, du musst Musik gehört haben, sie gespielt haben, das Handwerk verstehen.
Rast:
Man braucht eine Sprache, in der man sich verständigt. Das eine geht nicht ohne das andere. Die Einflüsse können da sehr breit gefächert sein, ob das jetzt Iron Maiden ist oder Miles Davis, bei mir ist das extrem breit gefächert. – Immer offen bleiben!
Bärtsch:
Wir sind nicht rigide im Musikhören. Wir hören sehr viele verschiedene Sachen, wir sind auch überhaupt nicht dogmatisch. Uns interessieren nicht bestimmte Stile. Wir suchen eher musikalische Strategien in den verschiedenen Musikarten, die uns interessieren, und oft passiert es, dass jemand ein Stück – sei es von einer Country-Platte oder aus dem Jazz-Bereich – mitbringt, weil es eine gewisse Groove-Struktur hat oder der Song einfach auf interessante Art funktioniert. Wir nehmen nicht stilistisch Bezug, sondern vielmehr innermusikalisch. Wichtig ist, dass wir oft unsere eigene Musik hören. Nicht weil wir uns damit auf die Schulter klopfen wollen, sondern weil das der Humus für weitere Entwicklung ist.
Pupato:
Was mich an dieser Band wirklich interessiert, ist, dass wir intensiv zusammenarbeiten und viel spielen, also uns nicht einfach nur 'mal für ein Projekt oder 'ne Tour treffen. Es ist ein Prozess, der sich über Jahre weiterentwickelt und sich ständig irgendwohin entwickelt. Und für einen Musiker ist das das Interessanteste, was man machen kann. Hier ist es ein Prozess, in dem auch in der Zukunft noch vieles möglich ist.
Jordi:
Ich bin ja relativ neu erst dabei, offiziell seit einem Jahr. Und schon bevor ich als reguläres Mitglied aufgenommen wurde, hab ich mit der Band Kontakt gehabt, wir haben viel gejammt. Und ich hab immer überall erzählt: Ich spiele in der besten Band der Welt! – Das klingt dann immer so nach Ironie, doch ich meine das eigentlich ziemlich ernst. Ich hab selber vielleicht nicht so viel Musik gehört, aber ich hab sehr viel Musik gespielt und dabei oft Dinge vermisst: sei es Freiheit – es war zu eng – oder es war zu viel Freiheit da – ich wusste nicht, was ich damit anfangen soll. Das hier ist wirklich die erste Band seit Jahrzehnten, wo für mich keine Wünsche offen bleiben. Und es ist schon ziemlich erstaunlich, dass das überhaupt möglich ist.
Das Wort „Popmusik“ ist ja oftmals negativ konnotiert, welchen Zugang habt ihr zu Popmusik?
Pupato
Sie ernährt mich – zum Teil zumindest. schmunzelt
Bärtsch
Das ist eine wichtige Antwort, die sicher nur so halb ironisch gemeint ist...
Pupato
Ja, das ist ernst gemeint! Ich mache viele Studio-Jobs für verschiedene Pop-Acts hier in der Schweiz. Ich habe gerne Popmusik und ich höre auch gerne Popmusik. Ich mache auch diese Jobs gerne. Außerdem muss man von irgendetwas schließlich auch leben und wenn noch irgendwo Geld ist, dann vielleicht am ehesten in der Popmusik. Voll und ganz da sein musst du bei der Musik sowieso immer. In der Popmusik gibt es einfach viele vorgegebene Muster, die sich schon über Jahrzehnte bewährt haben.
Jordi
Was ich an guter Popmusik mag, ist, dass sie so klar und zwingend ist; dass es keine Grauzone gibt, in der unklar ist, was stilistisch passt und was nicht. Trotzdem ist ein guter Popmusik-Track nicht einfach damit erledigt, dass man alles richtig spielt, sondern es ist auch da Individualität und Kreativität gefragt – aber das eben innerhalb des engen Rahmens des Lieds. Die Kunst in der Popmusik ist, die Musik lebendig und spannend zu gestalten, ohne einfach sein Zeug loszuwerden. Genau das passiert nämlich in der Jazzmusik oft, wenn es die genannte Klarheit nicht gibt. Das kann dann schnell ins Beliebige kippen. In der Popmusik gibt es das nicht, da fällt es auf, wenn etwas nicht dazu passt. Bei der Musik von Ronin ist es genau dasselbe. Die Stücke sind so klar, dass man sofort merkt, wenn etwas nicht passt. Hier sehe ich eine ganz enge Parallele zur Popmusik, die mir sehr gut gefällt. Ich habe selbst auch viel Musik gemacht, in der Freiheit sehr groß geschrieben wurde. Ich habe da zum einen gemerkt, dass die Musik oft an Spannung verliert, wenn sie ins Beliebige kippt, zum anderen ist die Musik dann plötzlich eine Plattform für individuelle Ergüsse, die sich in punkto Kommunikation auf einem nicht sonderlich hohen Niveau abspielen. Es handelt sich dabei eigentlich um einen Missbrauch des Freiheitsgedankens, der sich aber leider sehr weit verbreitet und etabliert hat. Das schadet dem Jazz insofern, als er dadurch nicht mehr so populär ist, wie er einmal war. Man entfernt sich natürlich von den Leuten, wenn man keine Lieder mehr spielt, sondern einfach nur seine eigenen Sachen loswird.
Rast
Genau diesen Approach hören viele Popmusiker in unserer Musik. Die hören uns zu und wissen: Hey, die checken ihren Sound genau aus, die wissen genau, was sie machen. Auf dieser Basis bauen wir auf, das ist wie bei einem Orchester, wie bei klassischen Musikern: Die einzelnen Musiker sind Teile des Gesamtsounds.
Bärtsch
Ich würde sagen, in verschiedenen Stilistiken herrschen verschiedene Strategien vor. Und wenn man diese verändern will, dann ist die Gefahr sehr groß, beliebig zu werden. Ich glaube aber, das passiert auch bei uns. Unsere Ästhetik kann ähnlich scheitern, wenn wir gemeinsam als Gruppe oder aber ein Einzelner in die Sprache der Musik plötzlich wieder andere Begrifflichkeiten einführt. Das passiert eher selten, wenn wir zusammen spielen, kann aber beispielsweise passieren, wenn wir auf Tour sind und jammen und dann jemand dazu kommt, der vielleicht eigentlich selbst ein toller Musiker sein mag. Da gibt es Leute, die inspiriert sind von dem Groove-Gewand, das wir ausbreiten, und sich dieses Gewand dann selber anziehen, damit sie besser aussehen. Sie merken dabei gar nicht, dass sie so die gesamte Musik verändern. Wenn Bands stilsicher agieren, hat dies oft damit zu tun, dass sie sich auf einem sehr hohen und subtilen Niveau einig darüber sind, wo man kreativ sein kann und wo man sich an Agreements hält.
Und wie ist euer Zugang zu elektronischer Musik, die ja gerade im Jazz von vielen abgelehnt wird?
Pupato
Ich habe gerade erst eine Platte gemacht mit elektronischer Musik. Man denkt vielleicht manchmal, das sei einfach. Das ist es aber gar nicht. Es ist eine Riesenarbeit, eine Art buchhalterische Arbeit, bis man dann schließlich wirklich ein Produkt hat, das einen überzeugt. Man hat in der elektronischen Musik so eine große Palette zur Auswahl, kann Farben und Register ziehen, die sonst schwierig zu erzeugen sind. Wenn man das aber wirklich gut machen will, bedeutet das eine Menge Arbeit.
Bärtsch
In meinem Fall war es einfach eine Entscheidung zwischen gespielter Musik und elektronischer Musik im Sinne von programmierter Musik. Wir machen keine elektronische Musik in dem Sinne, dass wir keine Loops und Sampler und dergleichen verwenden, sondern wir spielen unsere Instrumente und sind Handwerker. Aber wir verwenden auch Elektronik, sei es beim In-Ear-Monitoring oder eben dem Fender Rhodes oder dem E-Bass... Es hat also Strom in der Musik. Aber elektronische Musik, die programmiert wird, die mit Synthesizern arbeitet und mit elektronischen Sounds, das ist eine ganz eigene Wissenschaft. Dass heute jeder mit Logic oder GarageBand einfach seinen Track zimmern kann, ist vergleichbar damit, wenn jemand ein bisschen Gitarre schrummeln kann und sich damit einen Song zurechtschustert. Insofern würde ich die Differenz zwischen akustischer Musik, sprich mit Instrumenten gespielter Musik, und elektronischer Musik nicht ideologisch oder stilistisch ansetzen. Der wichtige Unterschied ist vielmehr, ob jemand in seinem jeweiligen Genre ein Cat ist, ob er Erfahrung hat und eigenständig ist, oder eben nicht.
Pupato
Unsere Musik ist eigentlich wirklich ein Handwerk, das mit den Händen gemacht wird. In diesem Sinne machen wir keine elektronische Musik. Wir haben zwar Hilfsmittel wie Mischpulte und Hallgeräte, aber unsere Musik ist handgemacht.
Eure Musik ist rhythmisch sehr komplex, lädt aber, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, trotzdem oft zum Tanzen ein. Habt ihr auch manchmal Tanzkonzerte?
Sha
Ja, Wir haben das manchmal. Ich bin eigentlich ein Kämpfer dafür, dass die Leute bei unseren Konzerten auch tanzen können. Ich habe dasselbe Gefühl wie du, wenn ich unsere Musik spiele. Es ist eine Groovemusik, sie zieht auf den Bauch genauso wie auf die Hirnrinde. Mir gefällt es, wenn Leute vor der Bühne stehen bei unseren Konzerten, da kommt viel mehr zurück, als wenn einfach alle nur still sitzen.
Bärtsch
Ich glaube, es ist eine Stärke der Musik, dass beides möglich ist, Tanzen und Sitzen. Gleichzeitig ist es manchmal aber auch ihre Schwäche, weil die einen sitzen und ihre Körperlichkeit in einem Fantasieraum ausleben wollen, und andere durch den Groove befeuert sind. Man muss aber ehrlicherweise sagen, dass es Momente oder ganze Stücke in unserer Musik gibt, wo man sich schon sehr sophisticated bewegen können muss, wenn man dazu ruhig tanzen und in die Musik eintauchen will. Und wenn wir plötzlich so spielen müssen, dass es groovt, damit auch die mitkommen, die eigentlich sophisticated groove music nicht gewohnt sind, dann wird es heikel. Da gäbe es dann gewisse Module, die wir gleich an der Garderobe abgeben können. Die Band muss dafür umstellen auf ein direktes Groove-Spiel. Das können wir zwar so machen, dass es immer noch nach Ronin klingt, aber das wollen wir in dem Sinne eigentlich gar nicht.
Wie sieht es umgekehrt aus: Was geht in euren Köpfen vor, wenn ihr sophisticated groove music spielt und über komplexe polyrhythmische Module improvisiert?
Rast
1, 2, 1, 2, 1, 2, 1, 2, 3,... alle lachen Das ist eigentlich die Art von Fragen, die wir nicht gestellt haben wollen...
Pupato
Du musst mit dem Körper denken beim Spielen.
Sha
Das ist oft eine Frage, mit dem Zählen... Der Punkt ist: Niemand von uns weiß auf Anhieb, welches Modul in welcher Taktart gespielt wird. Und ich zähle nie auf der Bühne. Ich mache ja Musik aus Spaß, sonst kann ich auch in eine Bank arbeiten gehen...
Pupato
...da muss man auch zählen...
Sha
...da muss man zählen, aber dafür bekommt man auch Geld! Meistens zumindest...
Bärtsch
...bei uns zählt man nicht und bekommt Geld...
Sha
Genau! Das ist viel besser! Es macht einfach keinen Spaß, wenn man die ganze Zeit mitzählen muss. Man muss sich ein System aufbauen, in dem es auch ohne Zählen einfach funktioniert.
Bärtsch
Ich glaube, was wichtig ist, ist, dass die Komplexität nicht ausschlaggebend ist für das Resultat. Die Spannung, die durch die Verfahren, die wir wählen, entsteht, hängt eigentlich mehr davon ab, was uns persönlich Spaß macht, als mit dem Resultat gegen außen. Wir wollen nicht zeigen, dass wir komplizierte Musik machen können und total extrem versierte Musiker sind, sondern wir möchten eigentlich eine Dramaturgie und eine positive Spannung kreieren, wie das bei jeder Performance ist, egal in welcher Musik.
In einem bestimmten Genre – auch wenn sich über Kategorisierungen natürlich immer streiten lässt – seid ihr sehr erfolgreich... Was bedeutet für euch eigentlich Erfolg? Geht es für euch primär darum, ein bestimmtes Konzept zum Ausdruck zu bringen, oder aber vielleicht darum, mit eurer Musik möglichst viele Menschen zu erreichen?
Sha
...oder darum, möglichst viel Geld zu verdienen...
...oder möglichst viel Geld zu verdienen...
Sha
Ich glaube, Thomy sollte über Erfolg sprechen. Ich meine, er war in der krassesten Band überhaupt...
Jordi
...Helge Schneider... Es ist lustig, aber Erfolg wird natürlich oft mit Geld gleichgesetzt; damit, möglichst viele Menschen zu erreichen, das Produkt an möglichst viele Menschen zu verkaufen, möglichst viel Geld nach Hause zu bringen.
...großes Haus, großes Auto...
Jordi
Genau! Dass dies bei Ronin nicht wirklich auf dem Programm stehen kann, lässt sich vielleicht ein bisschen vermuten. Da stellt sich dann aber die Frage: Was bleibt noch? Für mich ist es ein Erfolg, dass ich diese Musik spielen darf. Ich habe sehr viele eigene CDs zu Hause, aber nur ganz wenige davon würde ich wirklich von mir aus jemandem vorspielen wollen. Insofern ist es ein großer Erfolg, mit Ronin spielen zu können, und das auch noch jeden Montag [Anm.: Ronin spielen seit 2004 jeden Montag im Exil in Zürich]. Das ist toll! Wenn man damit schließlich auch noch Leute erreicht, dann ist das umso besser.
Bärtsch
Wir wollen etwas auslösen mit der Musik. Wir wollen kommunizieren mit dem Publikum, mit dem Publikum zusammen die Konzerte gestalten. Deswegen geht es vielleicht nicht darum, möglichst viele Leute zu erreichen, aber sehr wohl darum, die Leute, die sich potenziell für die Musik interessieren, zu erreichen. Wenn man Uhren nur ihrer Schönheit wegen produziert, diese aber nicht mit anderen Leuten teilen kann, macht das ja auch keinen Sinn. Wir tun natürlich das, was wir mögen, aber auch das, bei dem wir das Gefühl haben, dass wir es können und dass es Sinn macht, es zu präsentieren. Insofern sind wir interessierte, kreative Unternehmer. Der ökonomische Teil, die Organisation, die gesamte Struktur dahinter, dass all dies überhaupt langfristig funktioniert, ist alles andere als selbstverständlich. Daran arbeiten wir professionell, weil es unser Beruf ist. Nicht mehr und nicht weniger. Die Resonanz, die wir von der Community erhalten, von den Leuten, die sich für unsere Musik interessieren, ist ein Gradmesser dafür, ob wir dies gemeinsam mit den Leuten schaffen oder aber in der Routine erstarren.
Rast
Wenn man dann wirklich an die Leute herankommt, dann ist das eine unglaubliche Genugtuung. Das hat aber, glaube ich, nicht in erster Linie mit Ruhm oder Erfolg zu tun, sondern zunächst einmal mit Leben und Essen.
Bärtsch
Es hat mit einer Dringlichkeit zu tun. Du spürst, ob das, was du tust, glaubwürdig ist. Wir sind auch nicht abgesichert bei unseren Vorhaben, auch wir müssen bei jedem Konzert die Resonanz prüfen. Und wir wollen das auch! Das hält uns am Leben und das macht uns Spaß. Nur das ist auch ehrlich. Und so findet man von Konzert zu Konzert aufs Neue heraus, ob die Musik funktioniert oder nicht.
Pupato
Ein Beispiel, das für mich den Erfolg verdeutlicht, sind unsere Konzerte in Teheran vor ein paar Monaten. Gerade für diese Leute ist nicht alltäglich, dass eine Band kommt, die eine sehr spezielle Art von Musik macht. Da braucht es sehr viel, damit ein solches Konzert überhaupt klappen kann. Und schlussendlich da zu stehen und für diese Menschen Musik zu machen, war ein wirklich spezielles Erlebnis. Das ist für mich ein Beispiel für Erfolg.
Bärtsch
Ich würde sagen, ich als Komponist, aber auch wir als Band, wir machen es nie so, dass wir sagen: Das hat funktioniert, jetzt machen wir es wieder gleich. Wir versuchen, die Strategien ständig weiterzuentwickeln, das heißt, wir arbeiten wie spiralförmig, immer vorwärts zu den Wurzeln. Wir greifen nicht einfach zurück auf das, was gut angekommen ist, und wiederholen es.
Ihr arbeitet ja seit eurem Album Stoa mit Manfred Eicher von ECM zusammen. Hat diese Zusammenarbeit euren Sound verändert?
Bärtsch
Ja, das kann man schon sagen. Die Zusammenarbeit mit einem Produzenten verändert die Musik, vor allem wenn es einer vom Format von Manfred Eicher ist.
Bärtsch
Es macht prinzipiell nur Sinn mit einem Produzenten zusammenzuarbeiten, wenn man sich auch dafür interessiert, was dieser mitbringt. Sonst hätten wir die Alben auch weiterhin selbst produzieren können. Natürlich ist durch die Zusammenarbeit etwas passiert, wir haben gleichzeitig aber auch selbst als Band weitergearbeitet. Es ist also letztlich schwierig zu differenzieren, wo welcher Einfluss stattgefunden hat. Aber mit Manfred Eicher war die Arbeitsweise ganz klar anders als sie es in den Produktionen davor gewesen war. Wir hatten mit ihm einen musikalischen Produzenten, der nicht nur die Produktion aufgleiste, sondern der auch im Studio ist und seine Kommentare und sein Feedback abgibt, der eine interessante und starke Meinung hat.
Pupato
Es hat uns im Studio sehr beeinflusst, jemanden auf der anderen Seite des Aufnahmeraums zu haben, der wirklich zuhört. Manfred hat eine ganz eigene Atmosphäre geschaffen, da war wirklich jemand, der alles hört und dadurch kam die Session wirklich zu einer Performance.
Bärtsch
In den Produktionen davor sind wir oft selbst aus dem Aufnahmeraum hinaus gegangen, haben uns die Aufnahmen angehört, sind wieder zurück... Mit Manfred Eicher wurde anders gearbeitet: Wir hatten höchstens zwei oder drei Takes, spätestens dann musste alles sitzen. Für uns war es sehr wichtig, gut vorbereitet ins Studio zu gehen, weil erst dadurch das passieren konnte, was wir erreichen wollten: dass das Stück nochmals einen weiteren Dreh nimmt. Ich fand im Studio außerdem sehr spannend, dass Manfred Eicher den einen oder anderen Fehler, den wir in vorhergehenden Sessions korrigiert hatten, im Dienste der Dramaturgie bewusst belassen hat. Das war für mich sehr lehrreich. Zuvor war ich da ein bisschen puristischer gewesen.
Vielen Dank für das Gespräch euch allen!
- © Martin Möll
Bei Nik Bärtsch’s Ronin hat sich in letzter Zeit viel getan: Ende letzten Jahres hat Thomy Jordi Björn am Bass Meyer abgelöst, Anfang September hat die Band bei ECM ein neues Live-Doppelalbum herausgebracht, knapp danach hat Perkussionist Andi Pupato seinen Abgang von der Band bekannt gegeben.
Die Musik der Gruppe, als Zen-Funk oder Ritual Groove Music bezeichnet, lässt sich schwer einem bestimmten Genre zuordnen. Das Spannende dabei ist: Sie begeistert auch Leute, die sonst keine ECM-Platten in die Hand nehmen würden, nicht zuletzt weil die Musiker ihr eigenes Handwerk auf höchstem Niveau beherrschen.
Fabian Dörler hatte Anfang des Sommers die Möglichkeit mit Nik Bärtsch (Piano, Fender Rhodes), Thomy Jordi (Bass), Andi Pupato (Perkussion), Kaspar Rast (Drums) und Sha (Reeds) für Paroli ein Interview zu führen – übrigens das einzige Bandinterview in ebendieser Besetzung. Dabei ging es um die Einflüsse der Gruppe, musikalisches Können, musikalische Komplexität, das Streben „vorwärts zu den Wurzeln“ und die Zusammenarbeit mit Manfred Eicher.
Danke an Johannes Egger für die Hilfe im Hintergrund!