Paroli
Die 4. Gewalt
Dossier.at ist neu. Nicht nur auf paroli, wo Dossier einen eigenen Channel hat und an dieser Stelle in Zukunft Artikel angeteasert werden. Dossier ist neu als Konzept - und es wird dringend gebraucht.
Dienstagabend haben fast 800 Menschen das Infovideo angesehen, das Dossier einen Tag vor dem offiziellen Start veröffentlich hat. Die Reaktionen auf Twitter, Facebook und in Onlinezeitungen waren sehr positiv. Mit Spannung werden die Daten erwartet, die belegen sollen, wie viel Geld öffentlicher Institutionen in Inserate fließt. Ob das politischen Druck erzeugt? Wahrscheinlich. Wie viel ein solches Projekt zu bewegen vermag, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen. Eine Frage muss aber jetzt schon gestellt werden: Warum hat es vier Jungjournalisten gebraucht, die ihren Sommer in der Bibliothek verbringen, um Inserate in der Gratiszeitung "Heute" auszuwerten und die dafür kein Geld bekommen, um in der Inseratenaffäre Fakten zu schaffen?
Dass "Krone", "Österreich" und "Heute" nicht zu den Qualitätsmedien gehören, das wissen wir. Aber was ist mit den Qualitätsmedien, mit der 4. Gewalt, jener Öffentlichkeit deren selbstauferlegtes Credo es ist uns zu informieren und die Mächtigen zu kontrollieren? Es ist ja nicht so, als wäre die Idee, einmal nachzusehen, wer wie viel wo inseriert besonders abwegig. Immerhin dominiert das Thema seit über einem Jahr die innenpolitische Berichterstattung. Der mediale Feldzug von Presse, Standard und Co., der nach dem Beschluss zum Ende des U-Ausschusses begann, beschränkt sich aber weitestgehend darauf, sich in bissigen Kommentaren zu übertreffen. Schade.
paroli und Dossier sind erst der Anfang
Es ist ein Jahr her, als ein paar Leute begannen über ein neues Onlinemagazin nachzudenken, das vieles machen würde, das bisher vermisst wurde. Entstanden ist paroli.
Weil sich niemand dafür interessierte und es niemanden die Arbeit wert war, haben sich Florian Skrabal, Sahel Zarinfard, Georg Eckelsberger, Paul Pölzlbauer und Fabian Lang entschlossen nicht länger zu warten und selbst acht Jahre "Heute"-Ausgaben zu durchforsten. Entstanden ist Dossier. Hätten es solche Projekte vor einem Jahrzehnt schwieriger gehabt eine Öffentlichkeit zu finden, sieht die Welt heute ganz anders aus, moderner Kommunikation sei Dank. Und noch etwas hat sich verändert: wenn sich keiner findet, der so ein Projekt bezahlen will, bedeutet das lange nicht mehr, dass es nicht trotzdem angegangen wird.
Ein demokratischer Trend
Den traditionellen Medien ist keine Verschnaufpause vergönnt: Verloren sie mit dem Internet ihr Geschäftmodell und mit der Wirtschaftskrise ihre Einnahmequelle, so erodiert nun ihr Status. Die 4. Gewalt, die Kontrollfunktion nimmt neue Formen an und geht dorthin, wo Menschen die Initiative ergreifen, kreativ denken und nicht von bestehenden Strukturen behindert werden. Dorthin, wo man sich schnell auf neue Situationen einstellen kann und weiß die zur Verfügung stehenden Mittel effektiv einzusetzen.
Dass dieser Trend bei den Medienmachern noch nicht angekommen ist, zeigt auch eine andere Entwicklung: Drei Jahre wurde über den Kollektivvertrag der JournalistenInnen verhandelt, der endlich auch die OnlinejournalistenInnen beinhalten soll, mit dem Ergebnis, dass man sich immer noch nicht einig ist. Das treibt dann sogar die sonst eher scheuen freien JournalistenInnen auf die Straße.
Nächsten Montag, den 22. Okotber, findet eine erste Protestkundgebung statt. Weil der traditionelle Organisationsweg über die Gewerkschaft versagt hat, finden sich neue Wege. Es entstehen neue Strukturen, die besser angepasst sind und flexibler sind, die es mehr Menschen erlauben an der Diskussion teilzunehmen. Die 4. Gewalt ist kein Monopol der Medienelite mehr – auch wenn das nicht alle gut finden.