Reportage

Der Millionärsklub

Frank Stronach will seiner Partei einen Parlamentsklub verpassen. Was ihm das bringt und welche rechtlichen Hürden er dabei zu nehmen hat.


Heinz Fischer hatte es kommen sehen, aber niemand wollte auf ihn hören. Aufgrund der geltenden Rechtslage, so meinte der damalige Nationalratspräsident 1993, habe er keine andere Wahl als die Klubgründung des Liberalen Forums zuzulassen. Man möge die in dieser Hinsicht bestehenden Unklarheiten der Nationalratsgeschäftsordnung (GOG) aber bitte bereinigen, um für die Zukunft ähnliche Probleme zu vermeiden. Die FPÖ spielte Granada, doch am Ende half alles nichts. Dem LIF wurde Klubstatus zuerkannt, das Geschäftsordnungsgesetz aber blieb unverändert.


Ein Präjudiz mit persönlichen Petitessen

An vorderster Front gegen den neuen Klub kämpfte damals FPÖ-Chef Jörg Haider. Der freiheitliche Klubobmann, der zwölf Jahre später selbst das BZÖ von der FPÖ abspalten sollte, attackierte dabei besonders scharf die Entscheidung Fischers dem LIF aufgrund des § 7 der Geschäftsordnung Klubstatus zuzuerkennen: 

„Abgeordnete derselben wahlwerbenden Partei haben das Recht, sich in einem Klub zusammenzuschließen. Für die Anerkennung eines solchen Zusammenschlusses ist die Zahl von mindestens fünf Mitgliedern erforderlich. Abgeordnete, die nicht derselben wahlwerbenden Partei angehören, können sich in einem Klub nur mit Zustimmung des Nationalrates zusammenschließen. Die Ergebnisse der Konstituierung eines Klubs sowie Veränderungen derselben sind dem Präsidenten unverzüglich schriftlich mitzuteilen.“

Der Paragraph besagt nicht, dass alle Abgeordnete einer Wahlpartei demselben Klub angehören müssen, sondern dass sie das Recht auf Klubgründung haben, wenn sie einer Wahlpartei angehören. Fischers Rechtsansicht wurde durch diverse Gutachten bestätigt, aber auch außerhalb der FPÖ heftig angegriffen. Niemand aber flegelte so leidenschaftlich wie Haider. Der Präsident habe es sich nicht nehmen lassen „erstmals einen Akt der Rechtsschöpfung zu setzen - zu dem ein Parlamentspräsident an sich nicht legitimiert ist“. Fischers Genehmigung des liberalen Klubs unter Heide Schmidt, die Haider einst selbst mit Kuchen gefüttert hatte, quittierte er weiters mit Anspielungen auf intime Parlamentsgerüchte:

„Es ist ja auffällig, daß er [Fischer, Anm.] geradezu ein verliebtes Verhältnis gegenüber dieser neuen Fraktion hat... nicht nur im Persönlichen…“


Willige Dissidenten gesucht

Abgesehen von der damaligen Schlammschlacht hat der nunmehrige Bundespräsident damals ein Präjudiz zur Anerkennung von Klubabspaltungen geschaffen, mit dem wohl kein aktueller und zukünftiger Nationalratspräsident brechen wird. Davon profitiert nun das „Team Stronach“ oder genauer gesagt: die fünf Abgeordneten des BZÖ, die nun dessen Parlamentsklub gründen werden. Alle anderen Dissidenten mit Abgeordnetenmandat können nach der Gründung dem Klub beitreten. Ohne die Fünf einer Partei wäre es aber schwer gegangen. Gründet sich ein Klub über Parteigrenzen hinweg, so das Gesetz, benötigt er die Zustimmung des Nationalrates. Dass die anderen Parteien dem stronachschen Konkurrenzprodukt zustimmen würden, war aber von vornherein unwahrscheinlich. Deshalb benötigte der Austro-Kanadier fünf Abgeordnete einer Partei, um sich den begehrten Klubstatus angeln zu können. Er fand sie dort wo jeder andere auch gesucht hätte: im mürben Mandatareteig des BZÖ. Unter Führung des Abwasserspezialisten Lugar, haben nun Fête-Blanche-Organisator Markowitz, Heurigenwirtin Kaufmann-Bruckberger, Versicherungsmakler Tandler und Ex-Gendarm Hagen bei Nationalratspräsidentin Prammer die Gründung eines neuen Klubs beantragt. Deren Zustimmung gilt, nicht zuletzt aufgrund des Präjudizes aus den Neunzigern, als praktisch sicher. Der Nationalrat würde damit zum ersten Mal in seiner Geschichte über sechs parlamentarische Fraktionen verfügen.


Der Klub der Klubs

Stronachs Team winkt damit nicht nur eine üppige Klubförderung, sondern auch Vertretung in den Ausschüssen und Redezeit im Plenum. Für Prammer ist die Sache organisatorisch lästig. Knapp ein Jahr vor der Nationalratswahl müssen die Ausschüsse neu bestellt und die Verteilung der Räumlichkeit im Parlament und den Nebengebäuden neu geregelt werden, um dem neuen Klub politisch und logistisch Platz zu schaffen. Weiters vergrößert sich die Präsidiale, in der die drei Präsidenten und die Klubobleute vertreten sind, um eins auf neun Personen. Fast so wichtig, wenn nicht wichtiger, als die parlamentarischen Privilegien, dürfte für Stronach aber eine informelle Regel außerhalb des hohen Hauses sein: Zu den Vorwahldiskussionen lädt der ORF nur die Vertreter der Parlamentsparteien ein, die über Klubstatus verfügen.