Analyse
Ring frei: Pyjama vs. Nachthemd
Wer die Geschenke bringt, das soll nicht unsere Sorge sein. Es gibt da einige Vermutungen. Was viel wichtiger ist: Wer würde sie bringen, gäbe es nicht die, die sie tatsächlich unter den Baum legen? Eine Analyse aus gegebenen Anlass.
Keine feuchten Augen!
Das Engelskind mit lockigem Haar, vom Himmel hoch da kommt es her, die Kinderlein kommen und freuen sich sehr. So viele Texte darüber, das Kindchen ist quasi ein Heilsbringer. Und wir wollen hier nicht von glücklichen Kindergesichtern und feuchten Äuglein anfangen. Das wäre zu einfach. Das Christkindl - der Inbegriff von Harmonie, Unschuld und Frieden. Ja eh. Aber besser noch: die Special-Gadgets, die nur ein wahres Christkind hat: Geschenke Lieferung frei Haus (ok, macht Clausi auch, aber dazu später) am Heiligen Abend. Obwohl es da selber Geburtstag feiert, opfert ES sich für UNS auf, fliegt durch die Kälte (und oben ist es ja noch viel, viel kälter!), um uns glücklich zu machen. Tausende Härtepunkte allein dafür, nur ein Nachthemd anzuhaben. Nochmal tausend, weils ziemlich kalt ist zu der Jahreszeit.
Da schaust, alter Mann!
Das Christkind ist so federleicht, das braucht gar keinen überdimensionalen Schlitten, wie der dicke Mann mit Bart ihn hat. Das Christkind fliegt sogar ohne Untersatz. Wie cool ist das denn? Ha, alter Mann, da schaust! Apropos alter Mann: in vielen Familien dieser Welt hat der Santa Claus Hausverbot. Das Aufsuchen der Nähe von Kindern, ist unbeliebt, außer man ist selbst ein Kind, hohohoho. Der Weihnachtsmann ist generell eine zwielichtige Gestalt. Wo wohnt er das ganze Jahr über? Wo ist er geboren? In welchem Land zahlt er Umsatzsteuer? Keine Beweise für seine Identität. Aber: Ideale Vorrausetzung für illegale Geschäfte also. Hmmm...
Christkind´s Rebellion
Das Christkind hat sich im deutschsprachigen Raum, vor allem in den katholischen Regionen als die weihnachtliche Figur durchgesetzt. Dafür setzt sich auch der Verein „Pro Christkind“ ein. Bis 2004 war das Symbol dieser Innsbrucker Initiative ein Aufkleber mit dem durchgestrichenen Weihnachtsmann. Unter anderem geht es ihnen darum, das größte Geburtstagsfest des Jahres nicht ohne das Geburtstagskind zu feiern. Schaut man auf aktuelle Zahlen, macht das heilige Kindchen leicht das Rennen. Bei Facebook hat die Christkind Seite 39,289 Fans. Der Weihnachtsmann kommt nur auf 10, 659 Freunde. Aber auch er kann was.
Gemütlichkeit siegt?
Gemütlichkeit ist Gemütlichkeit ist der Weihnachtsmann. Die coole Sau hat doch tatsächlich das Bischofsgwandl gegen einen Pyjama getauscht: Gmiadlichkeitsfaktor dreitausend. Auch nicht zu verachten: Der Männerüberschuss in Form von naja fast schon demütigend anmutenden speibgrün gekleideten Wichtel, die ihn umgeben, Jössers! Welch Damenherz wird da nicht weich?
Aufgrund der Konkurrenz, wie dem blonden, im Nachthemd dahergeigenden Christkindl oder der „IchzerstörjetztmaldieallerletzteBrisevonBesinnlichkeit aufdiesemverdammtenkonsumgeilenPlaneten“Amazon-Plattform, musste freilich ein bisserl nachgetunded werden. Kein Grund für jegliche Verurteilung der durchaus plausiblen Kooperation mit einem Hersteller eines koffeinhaltigen Getränkes…Always the real thing, nicht wahr? Daraus resultiert auch der neu aufgemotzte fahrbare Untersatz. Dafür gibt's jetzt konkret keine Beweise, aber die Natur dieser Geshichte lässt die Vermutung durchaus am Leben. Zurück zum Inhalt: Aber defacto hat sich an dem Kerngeschäft trotz alledem nichts verändert. Wie schön. Kostenlos Geschenke frei Haus zu liefern ist einerseits gut für das Image, nicht für eine andauernde Liquidität. Doch der Chef hält eisern an seinen Prinzipien fest, und zwar ganz nach dem Motto: Das war schon immer so, deswegen werden wir es nicht anders machen. Wienerischer geht’s eigentlich nimma. Loslassen, Leute, das mit'm Christkindi geht si fast scho nimma aus!
Außer „HOHOHO“ geht halt nix
Am Nordpol ist es einfach saukalt. Da muss die Wortwahl auf ein Minimum reduziert werden. Aber der Erkennungsgrad liegt bei, oh bitte, WELTWEIT. Die Infrastruktur des Hauptsitzes, ein Naturschutzgebiet, ist auch nicht zu verachten und besonders in der Zielgruppe der unter 12-jährigen genießt der Clausi einen Spitzen-Ruf. Da gibt’s nix und da selbst der Chef zu den Senioren zählt, ist Alter hier generell kein Thema.
Und wer, wenn nicht der Herr Claus, lässt die Beamten Breitfuß und Weber in hellem Licht erstrahlen und trotz aller Diffamierungen ist er immer wieder gerne bereit, Hilflosen, Faulen und Dummen zu helfen. Kurzgesagt: er steht für Erleichterung und Globalisierung im Kleinen wie im Großen. Fettes, digitales Like für den Mann!
Und, wer wird es sein?
Facts
Angefangen hat alles im 6. Jahrhundert mit dem Bischof Nikolaus von Myra. Der war schon mit 17 Jahren Bischof, nahm an einem Konzil teil und war sehr beliebt. Belege dafür gibt es aber nicht. Seine Existenz ist umstritten. Jedenfalls hat sich der Kult über ihn nach Europa ausgebreitet und die Kinder, Armen und Alten wurden seither am 6. Dezember beschenkt.
Mit Luther wurde dann alles anders: Er protestierte gegen die Heiligenverehrung der Katholiken und schlug neben den 95 Thesen auch den „heiligen Christ“ als Geschenkebringer vor. Daraus wurde dann nach und nach die verniedlichte Version - das kleine, süße Christkind. Und das hat wirklich Kultstatus erreicht und jahrhundertelang die Kinder zu Weihnachten glücklich macht. Bis das 20. Jahrhundert und die Werbung kam: Coca- Cola inszenierte in einer Kampagne 1931 den Nikolaus als rundlichen, rotbäckigen alten Mann mit weißem Rauschebart und rotem Kostüm.
Der Zeichner Haddon Sundblom inspirierte sich bei dem berühmten Karikaturisten Thomas Nast, der schon Mitte des 19. Jahrhunderts den Weihnachtsmann derart darstellte. Dieses Bild vom Santa Clause hat sich zumindest in der angelsächsischen Kultur verfestigt. Und den Weihnachtsmann zum popkulturellen Produkt degradiert.
Foto Startseite: (c) S.R Ayers