Kommentar

Heroin vom Staat oder: Ein Schuss in die richtige Richtung

Abkehr von der Substitutionsbehandlung Drogenabhängiger? Wenn die Innenministerin versucht, Gesundheitspolitik zu machen, ist das höchst bedenklich - die aktuelle Debatte könnte aber auch genutzt werden für neue Konzepte: Die kontrollierte Heroinabgabe an Schwerstabhängige ist eines davon.


Zuerst klingt die Idee absurd: Drogenabhängige bekommen ihr Heroin vom Staat, regelmäßig und quasi auf Rezept. Doch was auf den ersten Blick widersinnig erscheint, wird auf den zweiten so logisch, dass es nur mit einer Innenministerin wie Johanna Mikl- Leitner absurd erscheint. Warum das so ist, dazu muss man wissen, was Heroin ist. Die Geschichte dieser Droge kennen, die vom alltäglichen Wunderheilmittel zur dreckigen Straßendroge wurde und heute wieder das sein könnte, was sie früher einmal war: ein Medikament. 

Heroin: Kassenschlager des Pharmakonzerns Bayer

Im August 1897 stellte der deutsche Chemiker Felix Hoffmann in den Labors der Firma Bayer eine Substanz mit dem wissenschaftlichen Namen Diacetylmorphin her. Nur einige Tage zuvor war es ihm gelungen, die Acetylsalicylsäure - besser bekannt als Aspirin – zu synthetisieren. Beide Substanzen waren zwar schon vorher bekannt, Hoffmann war jedoch der erste, der sie in fabrikmäßiger, medizinisch nutzbarer Form herstellte. Die Firma Bayer hat ihren Aufstieg zum Weltkonzern vor allem dem Diacetylmorphin zu verdanken. 

Die Substanz wurde „Heroin“ getauft und kam schon ein Jahr später auf den Markt. Gründliche klinische Studien wurden damals nicht durchgeführt. Nachdem das Mittel an Haustieren und an den Werksarbeitern samt ihren Kindern ausprobiert wurde, startete Bayer eine weltweite Werbekampagne. Anfangs vor allem als hochwirksames Hustenmittel beworben, wurde Heroin schnell zum Wundermittel gegen fast alles. Von Schmerzen, Bronchitis oder Asthma bis hin zu Magenkrebs – Heroin wurde als das Morphinderivat gefeiert, das nicht süchtig mache. Ein fataler Irrtum, doch kritische Stimmen, die schon früh vor dem hohen Suchtpotential warnten, wurden von der aggressiven und damals beispiellosen Werbekampagne übertönt. Nach nur einem Jahr verkaufte Bayer die Droge in über 20 Länder, der Absatz stieg rasant. In den meisten Ländern wurde das Heroin oral, etwa in Pillenform eingenommen. Durch diese Art der Aufnahme und die geringe Dosierung erlebten die Kranken Schmerzlinderung und leichte Euphorie, aber keinen Flash. Erst durch die Entwicklungen in den USA, wo das Heroin schon früher als in Europa auch gespritzt wurde, zeigte sich langsam das hohe Abhängigkeitspotential des Medikaments. 

1912 wurde Heroin apothekenpflichtig und mit dem Genfer Opiumabkommen 1929 durfte es nur noch zur Heilung und wissenschaftlichen Zwecken eingesetzt werden. Nachdem Heroin Ende der 50er Jahre auf dem Pharmamarkt nicht mehr erhältlich war, entwickelte sich die illegale Drogenszene und mit den ersten Opfern des illegalen Konsums veränderte sich auch die Wahrnehmung des Heroins in der Öffentlichkeit. 

Als die Droge in Deutschland 1971 endgültig verboten wurde, war Heroin über 70 Jahre lang als Arzneimittel verwendet worden.

Die Idee

Heroinsucht ist eine chronische Krankheit. Das ist keine Ansichtssache, das ist eine Tatsache. Heroinabhängige Menschen erhalten in der Substitutionsbehandlung Mittel, die ihre Entzugserscheinungen lindern und den Konsum von illegalen Opiaten vermeiden sollen.
Der Klassiker dabei ist Methadon. Doch die meisten Substitutionsmittel haben starke Nebenwirkungen und viele Abhängige können trotz Behandlung nicht auf den „Kick“ des Heroins verzichten. Die heroingestützte Behandlung soll es Schwerabhängigen, bei denen andere Behandlungs- und Substitutionsmethoden nicht erfolgreich waren, ermöglichen wieder ein geregeltes Leben zu führen. Durch eine Behandlung mit reinem, medizinischem Heroin (Diamorphin), also eben jenem Stoff, nach dem der Körper des Abhängigen verlangt, fehlt der Anreiz, sich weiterhin dreckiges Straßenheroin zu spritzen. Die Dosis kann kontrolliert und angepasst werden, tödliche Überdosierungen werden so vermieden. Durch die relativ kurze Wirkzeit muss das Heroin regelmäßig eingenommen werden, in anderen Ländern gibt es dafür sogenannte Konsumräume. Dort kann das Mittel unter ärztlicher Aufsicht eingenommen bzw. unter sterilen Bedingungen gespritzt werden. Nicht die Abstinenz steht bei der Idee einer Heroinabgabe im Vordergrund sondern eine langfristige Behandlung und die Stabilisierung sowohl der gesundheitlichen sondern auch der sozialen Situation des Kranken.  

Der Stoff: Morphin und Essigsäure

Heroin ist ein halbsynthetisches Opiat und wird aus Morphin (Wirkstoff des Rohopiums) synthetisiert. Reines Heroin ist weniger gesundheitsschädlich als allgemein angenommen. Anders als Alkohol und Zigaretten ist es ungiftig für die menschlichen Organe, mit Heroin kann man alt werden. Verheerend ist nicht das Heroin. Verheerend sind die vielen, teils hochgiftigen Substanzen, mit denen es gestreckt wird, die dreckigen Spritzen mit Infektionsrisiko, HIV oder Hepatitis. Allein in Wien haben 64 Prozent der Betroffenen akute gesundheitliche Probleme, ein Viertel der Suchtkranken leidet unter chronischer Hepatitis C, bis zu 28 Prozent an Hepatitis B.

» Das enorme Ausmaß körperlicher, mentaler und sozialer Verelendung, die das Bild des Heroinabhängigen in der Öffentlichkeit prägt, ist nicht Ausdruck der Eigenschaften der Droge Heroin, vielmehr allein die Folge der Bedingungen ihres Konsums. Unter ihnen spielt die Illegalität der Droge eine alle anderen überragende Rolle. « (Michael de Ridder)

Die Betroffenen

In Österreich gibt es laut des jährlichen Berichts zur Drogensituation (2012) zwischen 29.500 und 34.000 Menschen mit problematischem Drogenkonsum. Das bedeutet vor allem gemischter Drogenkonsum mit Beteiligung von Opiaten. Zum Vergleich: Alkoholabhängige Personen gibt es etwa 350.000 – das ist mehr als das Zehnfache.

16.782 Personen befanden sich letztes Jahr in Substitutionsbehandlung, davon etwa die Hälfte in Wien. Eine legalisierte Heroinabgabe wäre nur für eine bestimmte Anzahl von Menschen sinnvoll und möglich; sie ist als Ergänzung zu anderen Substitutionsmitteln und –therapien zu sehen und nicht als ihr Ersatz. In Deutschland kommt eine Heroinbehandlung erst dann in Frage, wenn andere Therapien, wie beispielsweise die Methadon-Abgabe erfolglos waren. Die Patienten müssen zwei gescheiterte Therapien hinter sich haben, mindestens 23 Jahre alt sein, und von Heroin fünf oder mehr Jahre abhängig. Außerdem ist während der Diamorphin- Behandlung eine psychosoziale therapeutische Begleitung von mindestens sechs Monaten vorgeschrieben.

Für eine begrenzte Anzahl von Abhängigen kann die heroingestützte Behandlung wirkungsvoll sein. Die Beispiele von Karin Stahel aus der Schweiz oder Arne B. aus Deutschland zeigen, was für einen Unterschied diese Art der Behandlung für das Leben der Betroffenen macht.

Die Anderen

Das weltweit erste Projekt zur heroingestützten Behandlung startete 1994 in der Schweiz. Dort führte die Behandlung mit Heroin, kombiniert mit psychosozialer Betreuung, zu deutlichen gesundheitlichen Verbesserungen der Teilnehmer. Der Beikonsum (Konsum anderer Drogen oder Medikamente) nahm deutlich ab, ebenso wie die Beschaffungskriminalität. Die Wohnsituation und die Arbeitsfähigkeit bei den Betroffenen verbesserten sich und die Haltequote war deutlich höher als bei anderen Behandlungen. Der Schweizer Modellversuch löste eine hitzige Debatte in ganz Europa aus und andere Länder starteten eigene Projekte.

In den Niederlanden wurde drei Jahre später ein Projekt zur heroingestützen Behandlung begonnen, das die schweizerischen Erfolge bestätigte. Die Niederlande standen damals vor dem Problem, dass zwar ein Großteil der Heroinabhängigen von der Methadonsubstitution erreicht wurde, aber trotzdem etwa 70 Prozent zusätzlich Straßenheroin konsumierten. Nach einem Jahr war klar, dass die Behandlung mit Heroin derjenigen mit ausschließlich Methadon deutlich überlegen war. Sowohl der psychische als auch der physische Gesundheitszustand verbesserte sich und die soziale Situation stabilisierte sich. Wegen dieser Resultate führte die niederländische Regierung die Heroinbehandlung schrittweise für eine begrenzte Anzahl chronisch Kranker mit starken gesundheitlichen und sozialen Problemen ein.

Im Jahr 2002 startete in Deutschland eine Modellstudie in sieben Städten zur heroingestützten Behandlung. Ebenso wie in den Niederlanden waren die Teilnehmer Schwerstabhängige, bei denen zuvor keine Therapien erfolgreich waren; dazu wurden verschiedene Begleitstudien durchgeführt (etwa zur Rolle der psychosozialen Betreuung). Im Gegensatz zu den Niederlanden wo man verschiedene Einnahmeformen testete, wurde nur injizierbares Heroin verschrieben. Die Ergebnisse der langfristig angelegten deutschen Studie bestätigten die vorherigen und machte auch deutlich, wie wichtig die gleichzeitige psychosoziale Betreuung für den Therapieerfolg ist. Die kontrollierte Heroinabgabe wurde in Deutschland 2009 gesetzlich verankert.

Die Politik

Frage an die österreichischen Parteien: Welchen Standpunkt nimmt Ihre Partei beim Thema der kontrollierten Heroinabgabe an Schwerstabhängige ein? Befürworten Sie eine legalisierte Heroinabgabe (nach deutschem/Schweizer Vorbild) oder nicht, und was sind Ihre diesbezüglichen Argumente?

Die Antworten zeigen ein breites Spektrum: Von der FPÖ, die sich gegen Substitutionsbehandlungen allgemein ausspricht, bis hin zu den Grünen, die nicht nur die Heroinabgabe sondern auch Konsumräume dafür fordern. Obwohl das BZÖ, genau wie die FPÖ, das Ziel einer drogenfreien Gesellschaft hat, kann man sich durchaus eine Heroinabgabe vorstellen. Bei der SPÖ gibt es unterschiedliche Ansichten dazu und das Team Stronach wägt die Argumente ab, sieht aber keinen „aktuellen Handlungsbedarf“. Interessant ist vor allem die Beantwortung der ÖVP: Hier wird fast wortwörtlich die Anti- Drogenstrategie des Innenministeriums zitiert, mit dem Unterschied dass es „weg von der reinen Substitutionsbehandlung“ heißt. Dieses Wort entschärft die Aussage wesentlich und ist offenbar ein Zugeständnis an den erschrockenen Aufschrei von Suchtmedizinern und anderen Experten auf die Pläne des Innenministeriums. Die Schlussfolgerung: „Wir brauchen daher mehr Therapieplätze, das führt automatisch zu weniger Substitol“ zeigt exemplarisch die irrige Annahme der ÖVP, das Ersatzmittel Substitol sei gleichzusetzen mit der gesamten Substitutionsbehandlung.

Immerhin gibt es einen breiten Konsens, dass die Jugend vor Drogen geschützt werden muss und es an Therapieplätzen mangelt. Und mit Ausnahme von ÖVP und FPÖ könnte sogar eine legalisierte Heroinabgabe diskutiert werden.

  • ÖVP
  • SPÖ
  • GRÜNE
  • BZÖ
  • Team Stronach
  • FPÖ

ÖVP
(Michael Ulrich, Presse & Medien, Chefredakteur, ÖVP Bundespartei)
Kurzfassung:
Ziel der ÖVP: Weg von der REINEN Substitutionsbehandlung und hin zu einer viel früher greifenden Therapie, wie zum Beispiel begleitende psychosoziale Maßnahmen. Die Menschen dürfen nicht allein gelassen werden mit ihren Problemen.
- wir brauchen daher mehr Therapieplätze ==> das führt automatisch zu weniger Substitol

ABER: wenn wir am Ende flächendeckend alle die Drogenkarrieren früh erkennen und die Menschen früh therapieren können, bevor sie in eine jahrelange Drogenspirale trudeln.

Langfassung:
Das BM.I hat ein umfassendes 5-Punkte-Programm geschnürt: Ausbau der Präventionsprojekte und 44 zusätzliche Präventionsbeamte für Wien, schnellere Reaktion seitens der Gesundheitsbehörden, effizientere Untersuchungsmethoden (Haar statt Harn), weg von der reinen Versorgung mit Drogenersatzstoffen, hin zu mehr Therapieplätzen und verstärkte nationale und internationale Kontrolle und Überwachung.

Sucht hat immer psychischen Hintergrund. Derzeit bekommen die jungen Menschen einen Ersatzstoff in die Hand und werden damit zu oft alleine gelassen! Damit wird den Süchtigen aber nicht geholfen. Zu oft scheitert es an Therapieplätzen
Dh: die jungen Menschen dürfen nicht mit einem Ersatzstoff alleine gelassen werden, sondern es braucht menschliche Betreuung. Hier muss man ansetzen

Die Freigabe des Konsums sogenannter 'weicher' Drogen (z.B. Cannabis) löst keine Probleme und wird von uns auch in Zukunft strikt abgelehnt, weil wir die Hemmschwellen zum Drogeneinstieg nicht weiter senken wollen. Andere, die für die Freigabe eintreten, sagen nicht dazu, was es für die Jugend bedeutet und dass die Schwelle zu weiterem Drogenkonsum heruntergesetzt wird. Die ÖVP wird einer Freigabe von Drogen daher auch in Zukunft nicht das Wort reden. Wir bekennen uns dazu, den Kampf gegen die Drogen mit allen Mitteln fortzuführen. Die Liberalisierung des Drogenkonsums wäre das falscheste Signal an Süchtige und Händler, aber auch an all jene, die (bisher noch) gar nicht angefangen haben, Drogen zu konsumieren.

Diese klare Haltung löst aber natürlich nicht alle Probleme, sondern es ist mehr zu tun: durch Prävention und eine Verbesserung der Therapie zum Beispiel. Wir setzen auf Aufklärung, Thematisierung des Problems von chemischen Drogen und der enormen Vielfalt, die überall angeboten wird, Förderung von Anlaufstellen, Erziehung zu Eigenverantwortung und Selbstvertrauen. Unser Konzept heißt Hinschauen, nicht wegschauen - sich kümmern um die Menschen. Die Sorgen ernst nehmen, die Ursachen gemeinsam suchen und Hilfe anbieten. Sich auseinandersetzen mit der Suchtproblematik ganz generell.

SPÖ
(Dr. Sabine Oberhauser, Gesundheitssprecherin der SPÖ-Parlamentsfraktion)
Herzlichen Dank für Ihre Anfrage betreffend Heroinabgabe an Schwerstabhängige, die ich wie folgt beantworten möchte.
Zur Frage einer staatlich kontrollierten Heroinabgabe an Schwerstabhängige gibt es innerhalb der SPÖ keinen einhelligen Standpunkt.
Bezug nehmend auf die aktuell in Österreich geführte Diskussion möchte ich jedoch festhalten, dass ich mich auch weiterhin für den erfolgreichen Weg „Therapie statt Strafe“ in der Drogenpolitik ausspreche. Um Sucht zu bekämpfen, braucht es vor allem gesundheitsbezogene Maßnahmen und kein Kriminalisieren der Betroffenen.

Eine weitere wichtige Aufgabe in diesem Zusammenhang ist es, die Maßnahmen im Bereich der Drogenprävention und Aufklärungsarbeit weiter zu forcieren. Gerade bei Kindern und jungen Menschen müssen alle Anstrengungen unternommen werden, damit es gelingt sie von Suchtmitteln fernzuhalten.

GRÜNE
(Kurt Grünewald, Wissenschafts- und Gesundheitssprecher der Grünen):
„Seit über 10 Jahren kämpfe ich mit den Grünen um die Einführung von Konsumräumen. Wir haben wissenschaftliche Studien die deren Nutzen beweisen und Begleiterkrankungen und gefährliche Zwischenfälle beim Konsum reduzieren. In über 50 Großstädten der EU haben sich solche Einrichtunge bewährt. Das Ziel einer drogen- und suchtfreien Gesellschaft ist nicht haltbar. Ein sichererer und kontrollierter Konsum ist bei Süchtigen bereits ein Fortschritt. Durch Verbote den Konsum zu verhindern ist zum Scheitern verurteilt und verschlingt nur Geld, das sonst so dringend gebraucht würde. Das Ziel sollte sein bei schwer Suchtkranken eine möglichst menschenwürdige Existenz zu ermöglichen, Beratung und Betreuung anzubieten und Ausstiegs- bzw. Umstiegsmöglichkeiten anzubieten, so bald die Betroffenen dazu bereit sind. Daher ist die kontrollierte und direkte Abgabe von Heroin an nachgewiesen Süchtige sinnvoll. In Wien ist es bislang nur möglich, in das Methadonsubstitutionsprogramm aufgenommen zu werden. Methadon ist ein Opiat, genauso wie Heroin. Der körperlichen Abhängigkeit kann damit begegnet werden. Die Wirkung des Heroins wird nicht ersetzt. Das führt dazu, dass manche Substitutionspatienten wieder auf Heroin zurückkommen. Neben den üblichen Ersatztherapien auch mit retardierten Morphinen sollte  in begründeten Fällen auch Heroin verschrieben werden können.“

BZÖ
„Das BZÖ spricht sich gegen jede Form von Drogenfreigaben aus. Größte Bedeutung kommt der Bekämpfung des Drogenhandels und des Drogenkonsums zu und der Bewahrung unserer Jugend vor dem Drogeneinstieg. Der Grundsatz „Therapie statt Strafe“ in der Drogenpolitik, hat sich in Österreich bewährt und muss konsequent weiterverfolgt werden. Andererseits muss gegen Dealer mit aller Härte vorgegangen werden. Dabei ist insbesondere die internationale Zusammenarbeit zu verstärken. Das Ziel einer drogenfreien Zukunft bzw. Gesellschaft muss weiterhin das Ziel der genannten Maßnahmen sein.
 
Die kontrollierte Abgabe von Heroin an Schwerstabhängige findet das BZÖ besser als die derzeitigen Substitutionsprogramme. Da sowohl Methadon als auch andere Substanzen, die im Substitutionsprogramm eingesetzt werden, zu lebenslanger Abhängigkeit führen und in sehr vielen Fällen neben den gewohnten Drogen konsumiert werden. Ebenso zeigt sich auch die Verschreibepraxis vieler Ärzte als problematisch, die diese Mengen viel zu hoch verordnen, so dass ein blühender Schwarzmarkt gegeben ist. Für das BZÖ wäre es wichtig, dass es vor einer etwaigen Einführung der kontrollierten Abgabe jedenfalls zu einer Abwägung von Vorteilen und Gefahren und ausführlichen Beratungen mit Fachleuten kommt. Internationale Erfahrungswerte, sollten dabei  unbedingt mit einbezogen werden.“

Team Stronach
„Vielen Dank für das Interesse und die Frage an unser Team.
Die uns bekannte Gesetzeslage in Deutschland sieht einige Faktoren vor, die unabdingbar für Überlegungen, diesbezügliche Maßnahmen auch in Österreich einzuführen, sind. Voraussetzungen sind beispielsweise, dass Patienten mindestens 23 Jahren alt sein müssen, seit mindestens fünf Jahren eine Abhängigkeit besteht, zudem müssen diese zwei erfolglose Therapien hinter sich haben,  also de facto nach herkömmlichen Methoden wie der Methadon-Substitution nicht therapierbar sein.
 
Dieser Gesetzeslage sind verschiedene Modellversuche, auch in der Schweiz, vorausgegangen, mit u.a. dem Ergebnis, dass der Herointherapie deutlich mehr Patienten treu blieben als dem Methadonprogramm.
Auch ist die Verträglichkeit bzw. sind die Nebenwirkungen von Methadon nicht unumstritten.
 
Was zweifellos für die Behandlung mit synthetischem Heroin spricht ist, der Wegfall der Beschaffungskriminalität, eine Befreiung der Kranken von der Angst der Abhängigkeit und dass die Betroffenen leichter im sozialen Gefüge bleiben können. Dies kann aber auch bei einer Substitutionstherapie erreicht werden.
 
Zweifellos zu klären wäre die Finanzierbarkeit durch die Allgemeinheit, die budgetäre Bereitstellung der Mittel dafür, denn neben einen höheren Verwaltungsaufwand drohen die Kosten für Kontrollen, neben der Schwierigkeit der Durchführbarkeit, zu explodieren.
 
Bei den geltenden gesetzlichen Regelungen zum Thema "Drogen" sehen wir abschließend keinen dringenden aktuellen Handlungsbedarf, jedoch stehen wir für konstruktive Maßnahmen für eine Eindämmung der Problematik für ebensolche Gespräche gerne zur Verfügung.“

FPÖ
„Zu Ihrer Frage anbei ein Auszug aus dem Handbuch Freiheitlicher Politik:
 
6.1.16) Eine Gesellschaft frei von Drogen
Ziel unserer Politik ist es, eine Vergiftung unserer Gesellschaft durch Drogen zu verhindern. Hierzu fördert der Staat Maßnahmen zum Entzug, zur dauerhaften Entwöhnung sowie zur Wiedereingliederung von Drogenabhängigen, wobei soweit nötig auch Zwangsmaßnahmen eingesetzt werden. Diese können im Falle fehlender Einsicht bei allen betroffenen Konsumenten Anwendung finden. Substitutionsbehandlungen sind nicht vorgesehen. Die fürsorgerische Freiheitsentziehung ist nicht nur für die Zeit des körperlichen Entzugs möglich, sondern solange, bis beim Konsumenten eine anhaltende Therapiemotivation aufgebaut ist. Das Bewusstsein von Eltern, Betreuern und Erziehern muss dahingehend geschärft werden, dass bereits bei Verdacht auf eine Suchtgefährdung entsprechende Maßnahmen gesetzt werden. Derzeit gibt es Österreich viel zu wenige Therapieplätze, diese müssen verdoppelt werden. Insbesondere durch die restriktivere Gesetzesanwendung und durch die Erstellungs und Betriebskosten der Zwangstherapieplätze wird der Bedarf weiter steigen. Im Betäubungsmittelgesetz müssten jene Bestimmungen aufgehoben werden, welche eine Substitutionsbehandlung ermöglichen. In Bezug auf internationales Recht besteht kein Handlungsbedarf. Österreich soll gemeinsam mit Schweden, wo diese restriktive Drogenpolitik seit Mitte der Siebziger Jahre konsequent gelebt wird, für ein Umdenken innerhalb der EU sorgen. Schweden versucht mit aller Macht auf politischer Ebene unter anderem im Europäischen Parlament, ihre Bestrebungen durchzusetzen, Drogen aus Europa gänzlich zu verbannen. Als oberstes Ziel der schwedischen Drogenpolitik ist das Schaffen einer drogenfreien Gesellschaft, dem alle drogenpolitischen Maßnahmen zu unterstellen sind. Schweden ist das Land mit den wenigsten Drogenabhängigen innerhalb der EU. Dies sollte als Vorbild für Österreich gelten.“

Was fehlt

Ist es übertrieben und realitätsfern, in Österreich eine Behandlung mit Heroin zu fordern, wenn doch aktuell über Substitutionstherapien grundsätzlich diskutiert wird? Vielleicht. Es könnte aber auch sein, dass gerade die aktuelle Debatte zeigt, wie wichtig ein Umdenken bei diesem Thema ist. Wie wichtig es ist, Heroinabhängigkeit als Krankheit zu sehen und nicht als ständiges Ärgernis für die Exekutive.

In Österreich die Heroinabgabe einzuführen wäre erst der zweite Schritt, der erste und die Voraussetzung dafür ist die Einrichtung von Konsumräumen. Das wird schon länger von der Initiative Drogenkonsumraum gefordert. In Graz diskutiert man schon seit geraumer Zeit die Einrichtung eines Konsumraumes, die Vorteile liegen auf der Hand: Die Abhängigen wären nicht gezwungen im öffentlichen Raum, auf dreckigen Toiletten oder in Hauseingängen Drogen zu konsumieren, sterile Bedingungen würden Infektionen vermeiden und Ärzte könnten im Fall einer Überdosis sofort reagieren. Eine Studie aus Kanada zeigte 2011, dass Konsumräume Leben retten können. Doch was in anderen Ländern gang und gäbe ist, scheint hierzulande noch weit entfernt.

Österreich hat ein vielfältigeres Angebot an Substitutionsmittel als andere Länder, die oft ausschließlich Methadon verwenden. In der Suchtgiftverordnung ist allerdings festgelegt, dass nur Methadon und Buprenorphin verwendet werden können, andere Substitutionsmittel sind nur bei Unverträglichkeit erlaubt. Diese anderen Substitutionsmittel sind Morphinpräparate, wie etwa das Ersatzmittel Substitol. Wird es missbräuchlich verwendet, also etwa intravenös konsumiert, hat das große gesundheitliche Risiken – der Suchtkranke jedoch erlebt einen ähnlichen „Kick“ wie beim Heroin. Vor allem das Substitol und der daraus entstandene Schwarzmarkthandel hat zu der gegenwärtigen Debatte geführt. Wenn das Innenministerium nun aber die Abschaffung der gesamten Substitution fordert, dann macht es populistische Politik auf Kosten der Suchtkranken. Mit einer kontrollierten Heroinabgabe dagegen würde nicht nur die (Beschaffungs-)Kriminalität sinken, sondern auch der Beikonsum anderer Substanzen – es gäbe damit weniger Drogentote.

Die Argumente, die gegen eine kontrollierte Heroinabgabe sprechen, sind meist moralischer Natur. „Heroin vom Staat“, das ist nahe bei „der Staat als Dealer“ und damit ist dann die Vorstellung einer totalen Freigabe des Drogenkonsums verknüpft. Wer, wie die FPÖ die Abstinenz durch Zwangsmaßnahmen fordert, ignoriert, dass Sucht eine Krankheit ist – und dreht den Ansatz "Therapie statt Strafe" um. Doch Populismus hat in der Drogenpolitik nichts zu suchen.

Die Erfahrungen anderer Länder zeigen, dass eine legalisierte Heroinabgabe eine erfolgreiche Therapie sein kann. Der Suchtmediziner Dr. Alfred Springer hat mit seinen Expertisen bereits vor zehn Jahren gezeigt, dass sowohl Konsumräume als auch die Heroinabgabe für Österreich möglich und sinnvoll sind. Seitdem verstauben diese Erkenntnisse in den Schubladen der Verantwortlichen.

Hätte die Firma Bayer ihr Medikament damals nicht so leichtfertig und werbewirksam auf den Markt gebracht, könnte Heroin heute vielleicht auch in der Schmerztherapie ein hochwirksames Mittel sein.