Kommentar

Gleiche Rechte für gleiche Arbeit

Vertreter der Journalistengewerkschaft und des Verbands Österreichischer Zeitungen sind im 21. Jahrhundert angekommen, denn der neue Kollektivvertrag für Journalisten in Tages- und Wochenzeitungen sowie Online-Medien steht in seinen Grundzügen.


Journalisten haben viel zu sagen. Vor allem über andere. Sie kritisieren das vorherrschende Bildungssystem, sie schreiben über Politik und Wirtschaft und deren wechselseitige Beziehung und sie prangern prekäre Arbeitsverhältnisse an. Seit Kurzem wagen Journalisten auch einen kritischen Blick in die eigene Branche. Denn die bisherigen Arbeitsbedingungen im Journalismus, seien es Hungerlöhne für freie Mitarbeiter oder aber ausgelagerte Kollektivverträge bei Onlinejournalisten, sind gerade in Zeiten einer Medienkrise kein Zukunftsmodell.  

Wie in vielen anderen Branchen, wurden auch in der Medienbranche Posten eingespart, die Produktivität hochgeschraubt, Arbeit ausgelagert, um mehr Gewinne zu maximieren. Entstanden ist dabei eine Zweiklassengesellschaft zwischen angestellten Redakteuren einerseits und freien Mitarbeitern andererseits. Während also einige wenige einen gesicherten Arbeitsplatz und ein geregeltes Einkommen haben und leistungsunabhängig alle fünf Jahre automatisch zehn Prozent mehr Gehalt bekommen, arbeiten die anderen unter prekären Umständen, die sich in gekürzten Zeilenhonoraren und labilen Jobaussichten widerspiegeln. 

Willkommen im 21. Jahrhundert

Im Onlinejournalismus stehen die Arbeitsbedingungen den Erwartungen an ein innovatives Medium konträr entgegen. Auf der einen Seite gestalten Onlinejournalisten Beiträge, die über das klassische Storytelling hinaus reichen: Sie verknüpfen journalistische Techniken mit multimedialen Elementen des Internets und gestalten dabei neue Formate, die den Journalismus aktiver und innovativer machen. Auf der anderen Seite werden Onlinejournalisten in IT-Kollektivverträge ausgelagert, dem beispielsweise Regelungen für Wochenenddienste fehlen und darüber hinaus die erbrachte Arbeit nicht gerecht entlohnt. Und warum ist das alles überhaupt wichtig? Weil unterbezahlte Arbeit sich in den jeweiligen Produkten diverser Medienhäuser niederschlägt, die wiederum gesellschaftliche Auswirkungen auf eine kritische Öffentlichkeit haben. 

Diese Problematik hat die vergangenen vier Jahre die Chefetagen der Medienhäuser, der Gewerkschaft und des VÖZ beschäftigt, denn so lange dauerten die Verhandlungen über den neuen Kollektivvertrag für Journalisten an. In dieser Zeit wurde viel diskutiert, gestritten, argumentiert, ja sogar demonstriert, bis der neue Kollektivvertrag auf Schiene war. Der Paradigmenwechsel: Fortan gilt der Kollektivvertrag sowohl für Tages- und Wochenzeitungen als auch für "digitale redaktionelle Dienste". Die Integration der Onlinejournalisten, ist einer der wichtigsten Eckpunkte. Um das zu gewährleisten, musste der Sparstift insbesondere bei den geltenden Gehaltsstufen angesetzt werden. Anders als bisher erhalten Journalisten künftig 14 statt 15 Monatsgehälter und auch die Quinquennien – die automatischen Gehaltssprünge – sollen aufgeteilt werden. Gleiche Rechte für gleiche Arbeit? Willkommen im 21. Jahrhundert. 

Viel Journalismus, wenig Geld

Der neue Kollektivvertrag verbessert zwar in kleinen Schritten die Arbeitsbedingungen, in dem sie zeitgemäßer gestaltet sind, doch sollte er nicht als Schlusspunkt für faire Entlohnung im Journalismus stehen. Journalisten müssen weiterhin den kritischen Blick auf die eigene Branche richten. Schließlich arbeiten noch viele unter prekären Umständen, die freien ORF Mitarbeiter sind nur ein Beispiel. Die Medienkrise ist nicht überstanden und Medieninhaber werden weiterhin versuchen, möglichst viel Journalismus für möglichst wenig Geld zu bekommen.  


Hinweis

Der Kommentar wurde ebenfalls in der aktuellen Ausgabe des Branchenmagazins 'Der Österreichische Journalist' veröffentlicht. 

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