Kommentar

Generation Whatever!

Wir beschäftigen uns mit der noch offenen Ära der vermeintlichen naiven Alles-und Nichtskönner. Mit unserer Generation.


Die Heinzlmaiers dieser Welt wissen es vermutlich besser, dennoch traut sich paroli auf dieses monopolgetriebene Forschungsterrain und gibt mal zum Besten, was die Bezeichnung “Die junge Generation” für uns - nämlich die viel umschriebenen Betroffenen - eigentlich bedeutet. In einigen Redaktionssitzungen haben wir die Thematik diskutiert und für uns herausgefunden, dass jüngere Generationen schon immer schlecht beschrieben wurden. „Die Jugend von heute...“, ja, dieses Stereotyp haben wir uns genauer angesehen.

Die Generation der ´68er - damals Hassobjekt der Älteren - wurde anfänglich in den Kommentar-Seiten diverser Zeitungen und Magazine verunglimpft, zerpflückt, um anschließend das Resümee zu ziehen, dass sie vielleicht doch nicht alles falsch gemacht haben. Nun schimpfen die alten ‘68er und viele andere auf die heutige Jugend. Das war immer schon so und so wird es auch bleiben. Eine Generation ist eine Generation ist eine Generation. So vielschichtig sie sind, so viele unterschiedliche Namen haben sie auch. Aber warum ist die Generation Golf nach einem Automodell benannt? Und wieso hieß die Jugendbewegung im 19. Jahrhundert „Vormärz“? Und wer oder was benennt überhaupt eine bunte Gruppe junger Erwachsene nach ihren Merkmalen und Eigenschaften, die diverser nicht sein können?

In unserem Schwerpunkt vor der Sommerpause gehen wir dem Terminus „Generation“ auf den Grund. Sind es Errungenschaften, Erkenntnisse und Taten der Menschheit innerhalb einer Zeitspanne, die eine Generation ausmachen? Oder doch nur Modeerscheinungen und Verallgemeinerungen, die eine Jugendbewegung ausmachen? Wir beschäftigen uns mit der noch offenen Ära der vermeintlichen naiven Alles- und Nichtskönner: Jahrelang studiert und trotzdem noch bei Mutti daheim, oder doch schon mit 21 Jahren Gründer einer internationalen Firma? Ist unsere Generation wirklich so anders, wie die unserer Eltern, oder steht der Nachwuchs zu Unrecht unter Generalverdacht?

Die Generation ohne Eigenschaften

Die Medien sind jedenfalls voll damit. Es vergeht keine Woche, in der nicht in einer Qualitätszeitung oder einem Wochenmagazin von uns die Rede ist, von der jungen Generation. Und unseren Schmerzen. Die Umwelt des 21. Jahrhunderts setzt uns zu. Es heißt, wir werden es schlechter haben als unsere Eltern, Arbeit finden wir sowieso keine und wenn, dann in prekärer Situation oder in Form eines unbezahlten Praktikums. Deswegen sind wir auch weniger selbstständig, wohnen bei unseren Eltern oder hängen dem Sozialstaat an der Brust. Die Bildung, die wir genießen, ist ein Faustschlag ins humbolt’sche Ideal, die uns nichts bringt außer burn-out mit 25

Weil wir aber so naiv sind, bekommen wir das meiste von unserer Perspektivlosigkeit gar nicht mit und weil wir keine Werte kennen, ist uns der Versager neben uns auch egal. Unpolitisch sind wir sowieso. Wenn uns eine Partei gefällt, dann die Piraten und was junge Leute da zusammenbringen zeigt uns die Umfragekurve der letzten drei Jahre. Um uns von unserer Ohnmacht abzulenken sind wir alle Facebook- und TV-Serien-süchtig und obwohl wir Soziale Netzwerke wie Lungen zum Atmen verwenden, haben wir keine Ahnung, welche Gefahren dahinter stehen. Wir sind Zombies, die durch die Welt stolpern. 

Wir wollen die Welt verbessern, so lange das mit einem like auf Facebook geht, gleichzeitig melden wir uns zum recruiting bei der Boston Consulting Group, wo wir unsere von digitaler Demenz zerfressenen Gehirne der Finanzwirtschaft zur Verfügung stellen. Weil das alles so deprimierend ist und auch keine Zukunft hat, bekommen wir auch keine Kinder mehr, wir hätten ja auch keine Ahnung, wie man sie erzieht.

(Vermeintlicher) Generationenkonflikt

Namen hat dieses Phänomen viele. Die meisten beginnen mit „Generation“ und man hängt einfach was dran. X, Y, Z oder einfach ein deprimierendes Adjektiv. Das ganze Generationen-benennen hat eine Ursache: Ältere Generationen versuchen sich einen Reim darauf zu machen, was sie schwer verstehen können. Mit dem Alter werden auch Denkmuster unbeweglich und darum werden wir als Generation in einen Topf geworfen. Dabei haben wir selten mehr gemeinsam als Jahreszahlen im Geburtsdatum.

Dass uns das egal ist, hat nichts mit Naivität oder fehlendem Engagement zu tun, denn es stimmt ja nicht einmal. Nur tun wir uns schwer damit, eine zur Perspektivenlosigkeit und Verdrossenheit abgeschriebene Generation zu sein, die vielfältiger nicht sein könnte. Schließlich ließe sich der Spieß auch umdrehen und dann benennen die Jungen die Alten: Generation Dement (ohne digital!), Generation einfältig (statt naiv), Generation W (für Wirtschaftskrise, denn ihr habt Schuld!), Generation Klimakatastrophe, Generation Frühpension, Generation Turbokapitalismus. “Einseitig! Unfair! Lügen!”, werden ältere Generationen rufen. Ja, stimmt. But do you see the point?

Keine Daumen, keine Praktika

Die Generation, die Jahrzehnte lang nicht nachgefragt hat, wo die sieben Prozent Zinsen herkommen, wirft uns Teilnahmslosigkeit vor und war dennoch ganz erstaunt, als Geld nur mehr digital bestand. Und nur weil die Donauauen gerettet wurden und Zwentendorf nie ans Netz ging, heißt das noch lange nicht, dass damit Billigairlines und SUVs aufgewogen wären. Und auf die europäische Integration solltet ihr euch auch nichts einbilden. Das, was gut daran ist, haben schon eure Eltern erledigt. Und ihr habt euch daran gemacht, die großen Ideen zur Unkenntlichkeit zu entstellen.

Um zu zeigen, dass wir weder die “Generation Praktikum”, noch die “Generation Daumen”, noch die “i-Generation” sind, stellen wir in unserem Schwerpunkt die vielen Facetten einer Generation dar, in der Hoffnung, die Heinzlmaiers dieser Welt davon zu überzeugen, dass wir gar nicht so verloren sind, wie sie behaupten. Im Sinne unserer Generation.

die paroli-Redaktion

03.07.2013




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